Berichterstattung

Helmut Löffler bestimmt am Schach-Bundesturnier in Wolfwil die Partien und spielt gleich selber mit

Noch bis heute Sonntag ist die Mehrzweckhalle Wolfwil eine grosse Denkfabrik für 285 Schachspieler. Paarungsleiter Helmut Löffler (Luterbach) sorgt am Bundesturnier dafür, dass alle gleichwertige Kontrahenten am Brett vorfinden – spielt aber auch selber mit. Mit Lotterie hat das Amt des Paarungsleiters nichts zu tun. Der 49-jährige Österreicher hat nicht die Rolle der Glücksfee, sondern ist im umfunktionierten Sitzungszimmer des Gemeinderats Wolfwil für eine reibungslose Bedienung aller technischen Hilfsmittel zuständig.

Dazu gehört auf einem Laptop das Programm des internationalen Schachbunds Fide, welches die Paarungen der jeweils nächsten Runde errechnet. Manuelle Eingriffe sind zwar möglich, eigentliche Manipulationen jedoch schwierig. Denn zur «Auslosung» versammeln sich jeweils die Schiedsrichter der drei Haupt- und der zwei Seniorenturniere. Die einzelnen Turnier- und Hauptturnierleiter Matthias Gallus (Biel) verarbeiten und kontrollieren gemeinsam mit dem Elektroingenieur die Daten.

DAMIT IST AUCH GEWäHR geboten, dass Helmut Löffler als Nummer 49 unter 90 Startenden im Hauptturnier 2 die Software nicht zu seinen Gunsten arbeiten lässt. Der Präsident des Schachklubs Grenchen wollte es sich nämlich auch als Funktionär nicht nehmen lassen, sich auch auf den 64 Feldern zu bewähren. «Als sportliches Ziel habe ich mir im Minimum die Hälfte der erreichbaren Punkte gesetzt.» Der Luterbacher glaubt nicht, dass ihn sein Amt in der Konzentration beeinträchtigt. «Am Arbeitsplatz muss ich im Umgang mit Kunden mit einem grösseren Druck leben.» Nervosität kommt bei ihm in der teilweise dicken Luft der Wolfwiler Mehrzweckhalle nur dann auf, wenn ihm bei einer Gewinnstellung viele Zuschauer über die Schultern gucken.

Der Faktor Zeit lässt die Verantwortlichen am Bundesturnier allenfalls kribbelig werden. Die Partien von Helmut Löffler sollten nicht allzu lange dauern, damit er zur gewünschten Stunde wieder als Paarungsleiter walten kann. Die Schiedsrichter wiederum müssen auf in Zeitnot geratene Akteure ein besonders wachsames Auge werfen, da diese dann ihre Partieformulare mit den ausgeführten Zügen nicht mehr aktuell führen müssen, was ein Mitschreiben und allenfalls Rekonstruktionen nötig macht.

WäHREND BEI DEN TURNIERLEITERN ein Mitwirken am Brett natürlich tabu ist, stellen sich auch zwei Mitglieder des vom Wolfwiler Bruno Bosco präsidierten OK der sportlichen Herausforderung. Dominique Wiesmann (Biel) kümmert sich nicht nur ums Sekretariat, sondern gibt seinen Gegnern im Hauptturnier I auch einige Knacknüsse auf. Markus Angst spielt tagsüber erfolgreich im Hauptturnier II, bevor jeweils am Abend die Medienarbeit Priorität hat.

Wie familiär die Atmosphäre in Wolfwil ist, demonstriert das Beispiel des Dulliker PR-Verantwortlichen, der vor Ort zwischendurch auch zwei seiner drei Söhne coacht. Jesse Angst hat auf eine Teilnahme im Hauptturnier II verzichtet und die Leitung des Hauptturniers III und der Seniorenturniere übernommen. Der noch nicht 17-Jährige erhöht so während vier Tagen sein Sparkonto um 600 Franken, wofür er die Option auf die unsichere Siegessumme von 1000 Franken hintanstellte. Sein Bruder Robin (14) gibt dafür im Hauptturnier I der meist deutlich älteren Konkurrenz genügend Rätsel auf. (VON JüRG SALVISBERG, Solothurner Zeitung)

Bundesturnier Wolfwil 2008 - HT 2

Bundesturnier Wolfwil 2008 - HT 3